Gemeinderat beschließt Prüfung einer neuen Variante In einer emotionsgeladenen Sitzung hat der Eckentaler Marktgemeinderat am Mittwochabend statt einer Zustimmung zu dem vom Bau- und Umweltausschuss empfohlenen „Sondergebiet Einzelhandel Forth Süd“ mit 14 gegen 10 Stimmen die Prüfung einer neuen Variante beschlossen. Aus den Reihen der zahlreichen Zuhörer wurde der Ersten Bürgermeisterin Ilse Dölle zunächst eine Liste mit 691 Unterschriften übergeben, deren Unterzeichner sich für die schnelle Weiterplanung von „Forth Süd“ aussprechen. In einem Dringlichkeitsantrag brachten dann Manfred Bachmayer (Grüne), Konrad Gubo (SPD), Günter Fensel (Unabhängige) und Günter Rauh (Freie Wähler) einen neuen Standort in die Diskussion. Die Aufnahme des Dringlichkeitsantrages in die Tagesordnung wurde mit 13 Stimmen gegen 11 Stimmen beschlossen, wobei Martin Hofmann sich wegen persönlicher Beteiligung am Sachverhalt schon an dieser wie auch an der folgenden Abstimmung nicht beteiligte.
Grob markiert, ohne Gewähr und Anspruch auf Detailkorrektheit: Zwei mögliche Standorte für Supermärkte am Ortsrand von Forth.
Der im neuen Antrag beschriebene Standort befindet sich im Bereich
südlich der Stresemannstraße (Staatsstraße von Mausgesees nach Forth)
nahe der voraussichtlichen Anbindung der künftigen B2-Umgehung. Hier
soll ein Sondergebiet Einzelhandel für einen Supermarkt mit maximal
1.600qm geprüft und gegebenenfalls die Fläche durch die Gemeinde
gesichert werden. Die betroffenen Grundstückseigentümer hätten
grundsätzlich eine Bereitschaft für Verkaufsverhandlungen signalisiert
und ein möglicher Betreiber – so wurde in der Vorstellung des Antrags
mündlich ergänzt – habe ebenfalls aktuell grundsätzliches Interesse
bekundet. Für diesen Antrag stimmten die Fraktion der Grünen (Manfred
Bachmayer, Astrid Marschall, Axel Gosoge), die SPD (Konrad Gubo, Thekla
Mück, Elke Riedel), die Freien Wähler (Günter Rauh, Horst Siebenkäs,
Albrecht Müller, Michael Schölkopf), aus der CSU-Fraktion Jochen
Engelhardt und Gerhard Wölfel sowie die Unabhängigen Günter Fensel und
Harry Wörner. Gegen den Antrag stimmten die UBE (Ilse Dölle, Monika
Nottbeck, Angelika Naßler, Friedrich Schultz, Petra Steinbach, Thomas
Weise, Felix Zosel) und aus der CSU-Fraktion Heidemarie Löb, Reinhard
Zeiß und Thomas Liebel.
Suche nach einer „Lösung, die die Wünsche aller Eckentaler Bürger berücksichtigt“ Im
Dringlichkeitsantrag der vier Fraktionen wurden die Vorteile des
alternativen Standorts, dessen Prüfung man beantragt, ausführlich
dargelegt: Die alternative Fläche sei fußläufig mindestens genauso gut
erreichbar, wobei hier die Bahnlinie nicht überquert werden müsse. Der
größere Abstand zum „Versorgungsschwerpunkt“ in Eschenau entzerre
möglicherweise das Konkurrenzverhalten, die Ortsteile Ebach, Herpersdorf
und Frohnhof sowie Benzendorf, Ödhof und Illhof würden mit eingebunden
und die Lage am Kreuzungspunkt Staatsstraße 2236 (von Schnaittach
kommend) und Bundesstraße 2 sei ein Standortfaktor, der die Existenz
eines Marktes sichern helfe. Dafür spreche auch die weitere Entwicklung
von Forth um das Diakoniewerk Martha-Maria. Weil die Grundstücke hier
nicht (wie in Forth Süd) bereits durch einschränkende Optionsverträge
mit einem Investor „belastet“ sind, könne die Marktgemeinde sich die
Flächen sichern, sich mögliche Investoren noch aussuchen und einen Mix
aus Sondergebiet und Wohnen selbst gestalten. Zudem hätten die
betroffenen Grundstücksbesitzer grundsätzlich ihre Bereitschaft zu
Verkaufsverhandlungen signalisiert. Auf die kritische Frage von
Bürgermeisterin Ilse Dölle nach dem Fehlen eines möglichen Betreibers
oder Investors entgegnete Albrecht Müller (Freie Wähler), dass es beides
gebe: Das Unternehmen Tegut prüfe den Standort, hätte einen Investor
und es gäbe weitere Interessenten. Später zitierte er ein
Tegut-Schreiben, in dem man „nochmals grundsätzliches Interesse an einem
Markt mit ca. 1.500 qm“ bekundet, einer mehrstöckigen Bebauung positiv
gegenübersteht und in weiteren Gesprächen gerne die Standpunkte
abgleichen will. Konrad Gubo, Günter Fensel und Harry Wörner
plädierten mit den bekannten Argumenten (wie in der wochenblatt-Ausgabe
2017/21 vom 24. Mai berichtet) gegen die ihrer Meinung nach viel zu groß
geplante, für die Gesamtgemeinde nachteilige Lösung „Forth Süd“ mit
alleine 15.000 oder 20.000 Quadratmetern Fläche nur für Parkplätze.
Dabei könne niemand unterstellt werden, dass er gegen eine Nahversorgung
für Forth sei, beteuerte Fensel, und „wir werden Forth versorgen
können“ so Harry Wörner. Günter Rauh (Freie Wähler) erinnerte daran,
dass in Eschenau auch die Gemeinde die Flächen gekauft und entwickelt
habe. Während Ilse Dölle die Erfolgsaussichten auf der Suche nach
Betreiber und Investoren in Frage stellte, zweifelten Fensel und Wörner
die Angaben zu einem zwischenzeitlichen Rückzug von Tegut an, weil das
Unternehmen eine umstrittene Teilfläche in Forth Süd nur nach den
Konditionen von allinvest hätte beplanen können. Stellungnahmen des
Staatlichen Bauamtes wurde ebenso widersprüchlich beurteilt wie die
Befürchtung, ALDI könne von Brand weg nach Forth ziehen.
Erneute Verzögerung statt greifbar naher Lösung Felix
Zosel, Thomas Weise und Friedrich Schultz von der UBE sowie Heidemarie
Löb, Reinhard Zeiß und Thomas Liebel von der CSU hielten den
Antragstellern entgegen, dass die Prüfung der neuen Variante zu zwei bis
drei oder gar vier Jahren Verzögerung führen werde. Dabei sei doch
greifbar nahe, dass „die Forther endlich bekommen, was sie verdienen“,
so Löb. Angesichts der genannten Zeiträume fragte Gerhard Wölfel
(CSU) kritisch bei Baumamtsleiterin Petra Kohlmann nach, ob man nicht
zumindest die Verfügbarkeit der Grundstücke innerhalb von zwei Monaten
mit den Grundbesitzern anfragen und abklären könne. Ilse Dölle
antwortete für Kohlmann, ein solches Verfahren bedeute sehr viel Aufwand
für die Verwaltung und die Dauer sei nicht abzuschätzen. Manfred
Bachmayer (Grüne) nannte wiederum Beispiele dafür, dass eine
Realisierung duchaus schnell gehen könne. Deshalb gelte es die
Alternative zu prüfen: „Geben Sie dieser Idee eine Chance“, denn man
brauche eine breite Mehrheit auch im Sinne eines politischen Friedens.
„Konkurrenzschutz ist nicht die Aufgabe der Gemeinde“ Auch
die Auswirkungen von zwei neuen Fachmärkten (mit zusammen 1.100 qm
zusätzlich zum 2.000 qm großen Vollversorger) auf den bestehenden
Einzelhandel von Steuern zahlende Unternehmern passen ihm nicht, so
Gerhard Wölfel. „Sie sind nicht befähigt, Konkurrenzschutz zu betreiben“
wies Ilse Dölle diese Bedenken zurück. Konkurrenzschutz sei nicht die
Aufgabe der Gemeinde und der Gemeinderäte, und wenn beispielsweise neue
Physiotherapeuten oder Zahnärzte zusätzliche Praxen eröffnen, werde man
dies auch nicht zum Schutz bestehender Praxen verhindern. Dem hielt
Konrad Gubo entgegen, die neue Alternative sei auch kein
Konkurrenzschutz, sondern lediglich geeignet, die Konkurrenzsituation zu
entzerren. „Das oder gar nix“ habe es bisher immer geheißen, gab
Michael Schölkopf (Freie Wähler) zu bedenken. Es sei immer gesagt
worden, es gebe keine Alternative zu bisher geplanten Lösung, aber mit
einer Wahlmöglichkeit wäre ihm bei einer Entscheidung wohler. Nun gebe
es eine Alternative, und die könne man doch wenigstens prüfen. Auf
Antrag von Friedrich Schultz wurde die anschließende Abstimmung
namentlich durchgeführt und erbrachte das eingangs aufgelistete Ergebnis
von 14 Stimmen für die Prüfung der Alternativlösung und 10 Stimmen
dagegen. Damit ist auch der Aufstellungsbeschluss zum Sondergebiet
Forth Süd, der ursprünglich auf der Tagesordnung stand, auszusetzen und
die Verwaltung ist von einer Mehrheit der Eckentaler Bürgervertreter
beauftragt, die neu vorgelegte Variante zu prüfen und gegebenenfalls
eine Baureife anzustreben.
Persönliche Verunglimpfung und mangelnder Respekt Gleich
zu Beginn der Auseinandersetzung um dieses Thema kritisierte Thekla
Mück (SPD) die Äußerungen, mit denen Gemeinderäte in der Öffentlichkeit
und in „sozialen Medien“ konfrontiert werden. Die Standpunkte würden
völlig sinnwidrig auf „für Forth oder gegen Forth“ verkürzt, vor allem
aber würden Personen persönlich verunglimpft, lächerlichen
Korruptionsvorwürfen ausgesetzt und mit der Ankündigung bedacht, dass
ihre Gemeinderatsentscheidungen negative Auswirkungen auf ihre
geschäftliche Exixtenz haben werde. Ilse Dölle wollte die Sorge um
derart angegriffene Mandatsträger aber auf alle Meinungslager ausgedehnt
wissen, denn auch sie selbst habe immer wieder unerfreuliche anonyme
Briefe erhalten. Astrid Marschall bekräftige die Kritik von Thekla Mück
am persönlichen Umgang in der Gemeinde, berichtete von verunglimpfenden
Plakaten und Symbolen im Ortsbild und forderte die Rückkehr zu
zwischenmenschlichem Respekt.
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